Sich auf dem Motorrad zu schützen – und zwar gut! – ist unerlässlich. Seit den 1970er Jahren, als Dainese den ersten Rückenprotektor erfand, hat sich viel getan. Schutzvorrichtungen gehören heute zur Basisausrüstung eines jeden Motorradfahrers. Doch mit irgendwelchen Produkten ist es dabei nicht getan: Die Protektoren müssen zertifiziert sein und die Mindestanforderungen erfüllen, die von der Verordnung (EU) 2016/425 festgelegt wurden. Eine benannte Stelle muss ihre Schutzqualität bescheinigen.
Der Standard UNI EN1621 ist die allgemeine Norm, der alle Protektoren entsprechen müssen. Sie ist in Abschnitte unterteilt, die die verschiedenen Bereiche des Körpers betreffen. Für die Zertifizierung müssen diese Produkte strenge Labortests bestehen, die ihr Schutzniveau bescheinigen und damit den Erhalt des „Gütesiegels“ ermöglichen.
Protektoren können allein, unter Verwendung von Teilen des Standards EN1621, oder zusammen mit dem Kleidungsstück, in dem sie verwendet werden, zertifiziert werden; im letzteren Fall wird auf den Standard EN 17092:2020 verwiesen, der je nach dem vom Protektor abgedeckten Körperbereich auf den entsprechenden Teil der EN1621 verweist. Der primäre Zweck ist klar: sicherzustellen, dass sich das Schutzelement im Falle eines Sturzes oder Unfalls des Benutzers nicht in Bezug auf den schützenden Bereich verschiebt.
Zertifizierte Rückenprotektoren sind ein unverzichtbares Element, das mit dem Schutzhelm vergleichbar ist, und unterliegen den Anforderungen von Teil 2 des anwendbaren Standards, UNI EN1621/2. Um die Funktionsfähigkeit der Rückenprotektoren zu überprüfen, werden diese zahlreichen Aufpralltests mit einem spitzen Bordstein-Aufprallkörper unterzogen. Bei diesen Tests wird ein Unfall simuliert, bei dem der Rücken des Motorradfahrers, der den Protektor trägt, gegen eine kantige Fläche (z. B. die Kante eines Bürgersteigs) prallt.
Die auf den Rücken übertragene Kraft bestimmt die Klassifizierung des Rückenprotektors. In einer Reihe von Aufpralltests mit einer Aufprallenergie von 50 J darf eine Vorrichtung der Stufe 1 eine durchschnittliche Kraft von weniger als oder gleich 18 kN auf den Körper übertragen, und kein Einzelwert darf 24 kN überschreiten. Ein Rückenprotektor der Stufe 2, der besten und schützendsten Klasse, muss dagegen eine durchschnittliche Kraft von weniger als oder gleich 9 kN übertragen und kein Einzelwert darf 12 kN überschreiten.
Die Sicherheitsstufe ist auf dem CE-Piktogramm auf dem Rückenprotektor angegeben, das auch den Schutzbereich angibt. Dabei wird unterschieden in CB für „central back“, d. h. Mittelrücken, und FB für „full back“, d. h. Vollrücken. Die Unterscheidung basiert auf der in horizontaler Richtung abgedeckten Fläche: Ein Mittelrückenprotektor schützt die Wirbelsäule, ein Vollrückenprotektor ist seitlich verbreitert und schützt auch die Schulterblätter.
Was den Airbag-Schutz betrifft, so regelt der aktuelle europäische technische Standard mit der EN1621.4 nur „mechanisch aktivierte“ Airbags. Die elektronisch aktivierten Systeme von Dainese D-air® sind so fortschrittlich und innovativ, dass sie weit über die von diesem Standard gesetzten Grenzen hinausgehen. Aus diesem Grund mussten Dainese und die externe Zertifizierungsstelle das regulatorische Vakuum umgehen, um eindeutige Angaben zum Schutzstandard der D-air®-Vorrichtungen machen zu können. Die daraus resultierende Spezifikation verwendet die von der EN1621/4 (mechanisch auslösende Airbags) geforderten Standards als Referenz.
Das Verfahren umfasst eine Reihe von Aufpralltests am Dainese D-air® Luftsack, die nach den Standards der Norm 1621/4 durchgeführt werden: Bei Stufe 1 darf der auf den Körper übertragene Schwellenwert für die Kraft 4,5 kN nicht überschreiten, bei Stufe 2 darf er höchstens 2,5 kN betragen.
Damit wird eine Lücke in der Regulierung geschlossen, die bis heute keine Zertifizierung für elektronisch auslösende Airbags vorsieht, bei denen es sich jedoch um die fortschrittlichsten, intelligentesten und mit dem höchsten Maß an Sicherheit ausgestatteten Produkten dieser Sparte handelt.
Andere Hersteller nutzen die Integration eines starren Protektors in das Airbagsystem als Hilfsmittel. So sieht die Norm 1621/4 die Möglichkeit vor, die beiden Protektoren in Kombination zu zertifizieren, und zwar als Summe der Schutzleistungen der beiden. So reicht es aus, die Eigenschaften eines Level-2-Rückenprotektors auf einen Luftsack mit geringen Eigenschaften anzuwenden, um z. B. eine Level-1-Zertifizierung nach 1621/4 zu erhalten. Damit ist die Schutzleistung des Airbags allein nicht geklärt.
Was den Schutz der Gliedmaßen (z. B. Ellbogen, Schultern, Knie, Hüften) betrifft, so ist deren Zertifizierung in Teil 1 des Standards UNI EN1621 geregelt. In diesem Fall wird eine Längskraft von 50 Joule auf die Protektoren (mit einem aus 1 Meter Höhe herabfallenden, 5 Kilo schweren Amboss) ausgeübt. Der Mittelwert der auf den Körper übertragenen Restkraft darf bei der Schutzstufe 1 maximal 35 kN und bei der Schutzstufe 2 maximal 20 kN betragen.
In Anbetracht dessen, was wir gerade gesagt haben, ist es auch wichtig zu wissen, wie man Produktetiketten und die Kennzeichnungen von Protektoren für Gliedmaßen liest: Hinter sonst unverständlichen Abkürzungen und Zahlen verbirgt sich der Schlüssel zu einer sicheren und gut geschützten Motorradfahrt.