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    Eine Reise nach Zentralasien voller unerwarteter Ereignisse, einzigartiger Schönheit und provisorischer Lager

    Von Jef Le Saltimbanque | 02 Mai 2022 | 1 min
    Motorrad: BMW R100 GS von 1991, genannt Utopia
    Kilometer: 900 km
    Schwierigkeit: Mittel, Fahrt sowohl auf Asphalt als auch im Gelände. Letzteres kann für einen Anfänger eine Herausforderung und für einen erfahrenen Fahrer einfach sein.
    Dauer: 9 Tage
    Jahreszeit: November
    Wetter: Wechselhaft
    Temperaturen: Circa 0°C
    Erforderliche Ausrüstung: Winter-Motorradanzug, wasserdichte Kleidung, Offroad-Stiefel und Funktionsunterwäsche für niedrige Temperaturen
    Jef bio

    Jef Le Saltimbanque

    Der Autor

    Mein Name ist Jean-Jacques, aber auf Reisen nenne ich mich immer Jef, in Anlehnung an den Schriftsteller und Journalisten Joseph Kessel, dessen Bücher meine Fantasie während der Pubertät beflügelten. Und weil Nomadentum für mich eine echte Lebensweise ist, habe ich beschlossen, dass ich Jef Le Saltimbanque sein werde. Ich bin auf Reisen aufgewachsen, weil mein Vater ein Expat war, teilweise in der Türkei und teilweise in Portugal. Im Laufe meines Lebens habe ich nacheinander verschiedene Leidenschaften ausgelebt: Skifahren, Tauchen, Tieftauchen, Heißluftballons und vor allem Reiten. 2003/2004 machte ich meine erste 16-monatige Reise auf dem Motorrad, bei der ich Afrika bereiste. Ich schrieb ein erstes Buch über dieses Abenteuer (Le bandana bleu: Contes d'une promesse, unter dem Pseudonym Jean-Jacques Aneyota). 2018 kehrte ich für 16 Monate nach Asien zurück und jetzt bereite ich eine Weltreise ohne zeitliche Begrenzung vor. Mein Vorbild ist Hubert, der die letzten 14 Jahre seines Lebens auf Reisen verbracht hat. Oh ja... und ich werde demnächst 60.

     

    Draußen scheint die Kälte das Leben eingefroren zu haben. Das Motorrad springt nicht an, die Batterie ist außer Betrieb. Ich habe sie ausgebaut, um sie im Zimmer aufzuwärmen. Schon gestern Morgen hätte sie mich fast mitten in der usbekischen Landschaft stehenlassen. Alles war gefroren, sogar das Wasser in meiner Wasserflasche. Wie durch ein Wunder sprang der Motor aber bereits beim ersten Anlassen an. Aber ich wusste, dass die Batterie mir für einen zweiten Versuch nicht mehr die notwendige Energie liefern würde. Der Winter ist im Anzug. Die Touristen haben schon vor ein paar Monaten begonnen, dieses Land mit seinem harten Klima zu verlassen. Und ich werde dasselbe tun und durch Turkmenistan Richtung Süden in den Iran fahren.  

    Warum bin ich immer noch in dieser Region? Ich bin vor einigen Monaten losgefahren und ich sollte schon viel weiter gekommen sein. Aber ich bin ein langsamer Reisender. Ich kultiviere die Langsamkeit. Ich habe 6 Monate gebraucht, um eine Strecke zurückzulegen, die andere Motorradfahrer in nur zwei oder drei Wochen schaffen. Außerdem haben wir nicht denselben Rhythmus: Sie sind im Urlaub, ich bin auf Reisen.  

     

    Die wahre Bedeutung des Reisens 

    Und doch fahren wir auf denselben Straßen, müssen es mit denselben Schwierigkeiten aufnehmen, haben dieselben Schäden an der Maschine, dieselben Ängste und Freuden – oder zumindest fast. Sie reisen natürlich, aber sie sind nicht „auf Reisen“. Ich glaube, dass in meiner Sprache, Französisch, ein Begriff fehlt, um weite Reisen zu beschreiben. Manche nennen sie „Expeditionen“. Diesen Begriff finde ich ein bisschen zu stark. Beispielsweise macht jemand wie Jean-Louis Étienne Expeditionen. Aber wenn man mehrere Monate oder sogar Jahre unterwegs ist – man reist einfach. Und für mich ist eine Reise langsam. Wer das Flugzeug oder das Auto nimmt, mogelt: Denn das ist zu einfach, zu schnell. Eine echte Reise macht man zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Motorrad oder zu Pferd. Reisen ist wie Kriechen. Beim Kriechen ist man ausreichend langsam, um die Entfernungen und die Vielfalt dieser Welt schätzen, ja respektieren zu lernen. Die Langsamkeit ermöglicht es uns, Blicke und Lächeln auszutauschen. Langsamkeit ist ein Garant für Intensität und Begegnungen 

     

    Diese Langsamkeit unterliegt jedoch zwei unumstößlichen Tatsachen: die erste ist die Dauer des Visums, die zweite ist das Klima. Und das habe ich diesmal unterschätzt, das gebe ich zu. Ich konnte nicht durch Tadschikistan fahren, weil dort schon zu viel Schnee lag. Und ich bin der einzige Ausländer, oder fast – ich habe gerade einen Senator auf offizieller Reise getroffen – in einem Land, in dem nur wenige Englisch sprechen. Die meisten Leute hier sprechen Russisch. Und ich gebe zu, dass ich neben der Eiseskälte auch eine gewisse Müdigkeit verspüre. Sie kommt von der Einsamkeit, die auf mich, der ich den Austausch und Diskussionen so sehr liebe, besonders stark wirkt. Ich bin also allein und ein wenig demoralisiert in diesem Zimmer und warte darauf, dass sich die Batterie erwärmt. 

     

    Probleme mit dem Zoll 

    Nach einer Stunde reicht die Wärme aus, um der Batterie einen Hauch von Energie zurückzugeben. Ich kann losfahren. Der Grenzübertritt ist eine einfache Formalität, aber er kostet viel Zeit. Ein Transitvisum für gerade mal fünf Tage zu erhalten, war jedenfalls ein echtes Hindernisrennen. In der Tat wird diese Art von Visum punktuell und nach einer völlig irrationalen Zufallslogik ausgestellt. Ich habe sogar von einem Fall gelesen, bei dem man das Visum allen Mitgliedern einer Familie bis auf einem erteilt hatte. Damit war es für alle unmöglich, die Grenze zu überqueren.   

    Am Zoll spricht niemand Englisch. Es wird nur Turkmenisch oder Russisch gesprochen. Doch einer der Assistenten reicht mir ein Stück Papier und poltert: „Ten days“. Ich antworte: „Nein, fünf“, aber der Mann bleibt stur: „NO! TEN!“ Ich nehme das Dokument, ohne zu versuchen, die Sache zu verstehen. Ein paar Meter weiter verlangt ein anderer Mitarbeiter, dass ich mehrere Steuern zahle. Eine fällt mir besonders auf: Es ist die Rechnung für eine GPS-Leihe. Tatsächlich war ich gewarnt worden. Die turkmenischen Behörden installieren auf ausländischen Fahrzeugen, die auf der Durchreise sind, einen Tracker, um sicherzustellen, dass sie nicht von der Standardroute abweichen. Es ist ein Transitvisum und man geht nicht davon aus, dass der Reisende ein Tourist ist. Und doch verlasse ich den Zoll ohne GPS. Aber das will ich gar nicht erst verstehen, sondern bin einfach erleichtert, dass ich die Zollstation hinter mir lassen kann. Ich habe es geschafft! Hurra! 

    Ich halte in der ersten Stadt an, um ein paar Dollar in die Landeswährung umzutauschen. Ich muss essen, aber ich sehe keine Restaurants in dieser Stadt mit sowjetischer Architektur. Ich frage einige Passanten, ob es in der Gegend ein Restaurant gibt. Seltsamerweise scheinen viele von ihnen Angst zu haben, mit mir zu sprechen. Ein solches Verhalten kenne ich aus den 1970er Jahren, in den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang. Manche Leute nennen Turkmenistan „das Nordkorea Zentralasiens“. Ich beginne zu verstehen, warum. Doch ein tapferer Mann fordert mich auf, ihm zu folgen und führt mich zu einem fensterlosen Gebäude mit Stahltüren. Das soll ein Restaurant sein? Auf sein Drängen hin beschließe ich, die Tür zu öffnen, und entdecke zu meiner Überraschung einen großen Raum mit weichem Licht, Tischen und Stühlen. 

     

    Ein paar Minuten später, während ich ein unbekanntes Gericht esse, setzt sich ein Mann an meinen Tisch. Er scheint mir etwas Wichtiges sagen zu wollen. Aber ich spreche weder Turkmenisch noch Russisch. Und er spricht kein Englisch. Verzweifelt sagt er mir, dass ich warten muss und dass jemand kommen wird. Das macht mich neugierig und ich stimme zu. Schließlich habe ich es nicht eilig. Oft verschwinde ich in solchen Situationen lieber, um keine Probleme zu bekommen. Aber der Mann scheint wirklich besorgt zu sein. Er hat mich neugierig gemacht. 

    Wenige Augenblicke später steht ein Paar in der Tür. Die Frau erkenne ich sofort: Sie ist die Person, bei der ich am Zoll die diversen Steuern zahlen musste. Ihr Begleiter spricht Englisch und erklärt. Die Frau hat einen Fehler gemacht: Sie hat mich den GPS-Tracker zahlen lassen, aber niemand hat ihn mir ausgehändigt. Sie will mir das Geld zurückgeben, das ich zu Unrecht bezahlt habe, und dieses Dokument zurückbekommen. Was mir auffällt, ist das Verhalten der Frau. Sie scheint wirklich besorgt zu sein, so, als ob dieser einfache Fehler dramatische Folgen haben könnte. Ich spüre ihre Erleichterung, als ich ihr das Dokument aushändige. Kurz darauf mache ich mich wieder auf den Weg. Diese Angst, die ich bei vielen der Menschen verspüre, mit denen ich seit meiner Ankunft gesprochen habe, alarmiert mich. Ich bin nicht mehr in einem Land für Touristen, so viel ist sicher. Und ich werde vorsichtig sein müssen. 

     

    Derweze, das Tor zur Hölle 

    Ich hatte geplant, in Derweze Halt zu machen, das etwas mehr als 250 km entfernt liegt. Aber die Straße ist nur eine lange Schlammpiste und meine Reifen haben nur wenig Profil. Für diese Art von Gelände sind sie nicht sonderlich gut geeignet. Ich komme an, als es schon dunkel ist, nach nur einem Sturz. Der Ort ist leicht zu finden. Der Feuerschein des Tors zur Hölle erhellt den Himmel. Der Ort ist schon von weitem zu sehen. Ich hatte vorgehabt, dort zu campen, aber die Kälte überzeugte mich bald, das Angebot von zwei jungen Leuten anzunehmen und in ihrer warmen Jurte zu schlafen.  

    Nach einer heißen Suppe beschließe ich, zum Rand des Kraters zu gehen. Der Ort ist berühmt, alle Reisenden, die dieses Land besuchen, kennen ihn. Er ist eine echte Sehenswürdigkeit. In den frühen 1970er Jahren verursachten russische Geologen bei Testbohrungen auf der Suche nach Erdgas einen Einbruch der Gesteinsmassen. Dabei entstand ein 70 m breiter und mehr als 20 m tiefer Krater, aus dem große Mengen Erdgas in die Atmosphäre strömten. Aus Angst vor einer Umweltkatastrophe beschlossen Geologen, das Gas in Brand zu setzen. Sie dachten, das ganze Gas würde in ein paar Wochen verbraucht sein. Stattdessen brennt es zum Leidwesen der Umwelt seit 50 Jahren ununterbrochen. Tagsüber gibt es nicht viel zu sehen, nur eine riesige Grube mitten in der Wüste, aus der heiße Luft emporsteigt, die nach verbranntem Erdgas riecht. Doch nachts ist das Schauspiel großartig und der Abgrund erhellt den Himmel. Ich bleibe zwei Nächte hier. Zum einen will ich dieses einzigartige Schauspiel genießen. Zum anderen ist die Ladung meiner Batterie schon wieder zu niedrig, um das Motorrad zu starten. Also baue ich sie wieder aus, um sie in der Nähe des kleinen Holzofens in der Jurte zu erwärmen. 

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    Aschgabat und die Kontrolle des Geheimdiensts 

    Am Abend des dritten der fünf Tage meines Visums komme ich in Aschgabat an. Ich beschließe, in einem der Paläste der Stadt abzusteigen, von denen mir ein Freund erzählt hatte. Alles wäre aus weißem Marmor, es wäre einer der luxuriösesten Paläste, den er je gesehen hätte. Er ist leitender Angestellter der Hotelkette Sofitel und ich beschließe, auf ihn zu hören. Und das ist eine gute Idee. Das Hotel verfügt über 14 Suiten mit je 300 Quadratmetern. Flachreliefs, die das traditionelle turkmenische Leben darstellen, schmücken den monumentalen Eingang. Allerdings sehe ich keine Gäste. Wenn hier nicht so viel Personal unterwegs wäre, würde es mir leer erscheinen. 

    Am nächsten Tag, beim Frühstück, treffe ich die wenigen anwesenden Gäste. Es sind Franzosen, die für eine bekannte Baufirma arbeiten. Sie haben dieses Hotel und die meisten Gebäude dieser pompösen Stadt gebaut, alles aus weißem Marmor und mit den höchsten seismischen Standards der Welt. Hier ist alles weiß. Sogar die Autos. Nur die Autos der Beamten sind schwarz. Man erzählt mir, dass man eine Geldstrafe erhalten kann, wenn man ein schmutziges Fahrzeug fährt. 

    Als ich in mein Zimmer zurückkehre, sehe ich durch die geöffnete Tür eine Putzfrau, die sich auf ihren Besen stützt. Es sieht so aus, als würde sie jemanden in einer Ecke des Raumes warnen, in der ich meine gesamte Ausrüstung zum Aufladen angeschlossen habe: Videokamera, Fotoapparat, Telefon und Computer. Ein Mann taucht auf und geht mit raschem Gruß an mir vorbei. Bevor ich ihn ansprechen kann, ist er bereits verschwunden. Eines scheint mir klar: Dieser Mann gehört nicht zum Hotelpersonal. Jung, kurze Haare, athletisch, er erinnert mich eher an einen Soldaten. Ein paar Stunden später erzähle ich einem der Franzosen, die ich zum Frühstück getroffen habe, davon und er bestätigt meinen Verdacht: Geheimdienst. Sie waren gekommen, um zu überprüfen, wer ich war und welche Ausrüstung ich benutzte.   

    Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb beschließe ich, mir etwas Zeit zu nehmen und diese Stadt zu besichtigen. Sie ist beeindruckend. Alles ist aus weißem Marmor, breite Straßen mit sechs bis zwölf Fahrspuren, avantgardistische Stadtarchitektur. Ich habe noch nie eine solche Zurschaustellung von unermesslichem Reichtum gesehen. Aber am meisten beeindruckt mich die Bevölkerung. Oder besser gesagt, die fast völlige Abwesenheit von Bevölkerung. Mir begegnen ein paar Autos, die einzigen Fußgänger sind meistens Polizisten, die sich nicht um den abstoßenden Schmutz meines Motorrads zu kümmern scheinen. Ich fahre die Straße der Ministerien entlang, sie ist 2 km lang und 12 Spuren breit und wird so genannt, weil sie von Gebäuden gesäumt ist, in denen die Verwaltungen der Ministerien untergebracht sind. Ich beschließe, anzuhalten und ein paar Fotos zu machen.  

     

    Ich suche mit dem Blick die Umgebung ab, um sicherzugehen, dass mich kein Polizist sieht. Wie in vielen Ländern ist es hier verboten, offizielle Gebäude zu fotografieren. Normalerweise respektiere ich solche Verbote. Aber hier kann ich nicht widerstehen. Diese Gebäude sind zu unglaublich. Das Kulturministerium zum Beispiel sieht aus wie ein offenes Buch. Und der Ort ist menschenleer. Die Gelegenheit ist zu einladend. Die Versuchung ist zu groß. Ich halte an und ziehe die Kamera heraus, die ich im Tankrucksack versteckt habe. Ich habe kaum Zeit, ein Foto zu machen, als ich hinter mir eine Stimme höre. Ich drehe mich um und sehe etwa dreißig bewaffnete Soldaten. Aber wo zum Teufel kommen sie her? Sie sind nicht feindselig, im Gegenteil, sie sind ziemlich höflich. Aber sie sagen mir unmissverständlich, dass ich gehen soll. Es ist nicht erlaubt, auf dieser Straße anzuhalten. 

      

    Das legendäre goldene Pferd aus Turkmenistan 

    Ich gehorche, ohne Frage zu stellen, und entferne mich. Morgen müsste mein letzter Tag auf turkmenischem Territorium sein. Aber es gibt etwas, das ich als Reiter unbedingt sehen möchte, bevor ich das Land verlasse: das berühmte turkmenische Pferd. Der Achal-Tekkiner, das goldene Pferd.  Zumal ich weiß, dass der Präsident der turkmenischen Republik, ein Pferdeliebhaber, Ställe gebaut hat, die ich mir so pompös wie die Stadt vorstelle. Angeblich soll es auch Pferdestatuen aus massivem Gold geben. Aber zwei Dinge beunruhigen mich: Erstens wird mich dieser Ausflug von meiner genehmigten Strecke wegführen. Und zweitens werde ich damit die Visumfrist überschreiten. Aber ich denke nicht lange darüber nach. Außerdem habe ich das berühmte Dokument der „10 days“! Nach kurzem Überlegen beschließe ich, mich ins Abenteuer zu stürzen und die berühmten Ställe zu suchen. Das einzige Problem ist, dass ich zwar weiß, wo sie sind, aber nicht ihren genauen Standort kenne. Zum Teufel damit, wir werden sehen. 

    Leider überholt mich ein paar Kilometer nach Aschgabat ein Polizeiauto. Durchs Fenster sehe ich das ungläubige Gesicht des Beamten. Sie machen mir Zeichen, anzuhalten. Auch diesmal hindert uns die Sprachbarriere daran, einander wirklich zu verstehen. Aber ich habe keine großen Zweifel an ihrer Frage: Was mache ich hier? Ich antworte einfach:  „Achal-Tekkiner“. Ein breites Lächeln erhellt die strengen Züge des Polizisten. Ich habe das Zauberwort ausgesprochen. Der Sesam-öffne-dich von Ali Baba und seinen 40 Dieben! Sichtlich erfreut zeigt mir der Polizist die Richtung. 

    Und so fahre ich weiter. Ein paar Kilometer weiter biege ich links ab, in die Richtung, von der ich glaube, es sei die richtige. Die Straße schlängelt sich durch die Berge. Sie ist menschenleer, bis auf ein paar Frauen hier und da, die die Straße kehren. Ja, die Straße! Mit dem Besen! Ich denke an den Mythos von Sisyphos. Mehrere Kilometer fahre ich durch eine Art Stadtgebiet mit allem Komfort: Kinderspielplätze, Wasserparks mit Rutschen, aber sie erscheinen mir völlig menschenleer. Ich kann gerade eben mal zwei Autos sehen. Nach einer ganzen Weile muss ich mir eingestehen, dass ich mich verirrt habe. Und was noch ärgerlicher ist: Ich dürfte mich in nicht allzu weiter Entfernung vom Grenzgebiet zum Iran befinden, also möglicherweise in einem sensiblen Gebiet. Außerdem sind mir auf den letzten Kilometern mehrere kleine Gruppen von Soldaten begegnet, alle bewaffnet. Aber sie ließen mich passieren, ohne mich anzuhalten. Also beschließe ich, sie nach dem Weg zu fragen. Und wieder wirkt das Zauberwort Wunder. Der Achal-Tekkiner scheint ein echtes Nationalheiligtum zu sein, und das zu Recht. Dieses wenig bekannte Pferd ist wohl das einzige, das in Sachen Ausdauer mit dem arabischen Vollblut mithalten kann. Ein echter „Windtrinker“, der es gewohnt ist, endlose Rennen in den Steppen zu absolvieren. Aber der Abend kommt, ohne dass ich die berühmten Ställe finden konnte. Ich finde Zuflucht in einer Ecke des Waldes, weit weg von neugierigen Blicken. 

     

    Als ich am nächsten Tag aufstehe, bin ich bester Laune. Heute ist mein sechster Tag in Turkmenistan. Und ich bin überzeugt, dass ich diese berühmten Pferde endlich sehen werde. Nachdem ich meinen Kaffee getrunken habe, fahre ich los. Am Morgen brauche ich höchstens 30 Minuten, um mich auf den Weg zu machen: Zelt abbauen, Matratze und Bettdecke zusammenlegen und alles auf dem Motorrad verstauen. 

    Diesmal finde ich die Ställe ohne Schwierigkeiten. Aber leider ist hier niemand. Nur ein monumentales Tor, natürlich geschlossen. Habe ich den ganzen Weg hierher umsonst zurückgelegt? Ich bleibe eine Weile stehen und versuche herauszufinden, wie ich hineinkomme, als ein Auto kommt. Der Fahrer parkt neben mir. Ich gehe zu ihm und spreche ihn an. Wieder einmal hindert uns die Sprachbarriere daran, uns gut zu verständigen. Aber ich schaffe es, ihm verständlich zu machen, dass ich den Achal-Tekkiner sehen möchte. Ich zeige ihm ein paar Fotos von einem lusitanischen Pferd, die ich auf meinem Handy habe. Das weckt sein Interesse und er fragt mich: „Trainer?“ Ich bejahe. Er erzählt mir erfreut, dass auch er Ausbilder ist. Er hält einen Moment inne, um nachzudenken, dann ruft er jemanden auf seinem Handy an. Es scheint, dass er um Erlaubnis bitten will, mich hereinzulassen. Leider wird die Erlaubnis nicht erteilt und der Mann kehrt enttäuscht zu mir zurück.  

    Wir versuchen weiterhin zu kommunizieren. Plötzlich macht er mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Wir umrunden das Gelände. Er im Auto, ich auf dem Motorrad. Dann kommen wir zu einer Art Diensteingang. Und so verbringe ich den Nachmittag damit, dieses riesige Anwesen, die Ställe, die Rennbahn und die Pferde zu besichtigen. Zu meinem großen Bedauern habe ich nicht das Vergnügen, sie während des Trainings zu beobachten, weil laut Kalender heute ein Feiertag ist. 

     

    Visa und Unvorhergesehenes 

    Am späten Nachmittag verlassen wir das Gelände. Am Abend schlafe ich am Straßenrand, versteckt in einem Graben, das Motorrad verborgen unter einer Plane, unweit der Grenze. Am siebten Tag erreiche ich den Grenzposten. Und hier beginnt das Drama. Ich habe einen „Over-Stay“ gemacht, d. h. ich habe die Frist meines Visums überschritten. Ich versuche, mein „10 days“-Dokument vorzuzeigen, aber das nützt nichts: Ich darf nicht raus aus dem Land. Ich muss nach Aschgabat zurückkehren, um von der zuständigen Verwaltung die Erlaubnis zu erhalten, das Land zu verlassen. Aber ich weiß weder, welche Verwaltung das ist, noch ihre genaue Adresse! 

    Also kehre ich enttäuscht in die Hauptstadt zurück. Nicht ohne Schwierigkeiten gelingt es mir, herauszufinden, an welche Verwaltung ich mich wenden muss. Doch als ich ankomme, ist es zu spät: Die Büros sind geschlossen. Ich muss am nächsten Tag wiederkommen. 

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    Ich verlasse die Stadt und schlafe wieder versteckt unweit der Straße, hinter ein paar Sträuchern. Am nächsten Tag stehe ich besorgt vor den Gebäuden der Einwanderungsbehörde. Ich fühle mich sofort wie eine heiße Kartoffel, die von Hand zu Hand weitergegeben wird. Niemand scheint bereit zu sein, sich mit dem Problem zu beschäftigen. Nach mehreren erfolglosen Versuchen empfängt mich ein Mann in seinem Büro. Ich zeige noch einmal mein „10 days“-Dokument. Er erklärt mir, dass ich zwar eine 10-Tage-Genehmigung habe, diese aber für das Motorrad ist. Amüsiert antworte ich, dass ich dann abreisen muss, aber das Motorrad bleiben und in ein paar Tagen nachkommen kann. Was für ein Unsinn! Der Mann ist freundlich und scheint mir helfen zu wollen. Er geht einen Moment weg und kehrt mit bedauernder Miene zurück. Heute kann er nichts mehr tun, ich muss morgen wiederkommen. Also muss ich wieder in meinem Graben schlafen. Um meine Laune zu heben, beschließe ich, mir zuerst ein gutes Essen im Restaurant zu gönnen. 

    Als ich am nächsten Tag in das Büro komme, bringt mich der Mann, der mich am Tag zuvor empfangen hatte, zu seinem Chef. Es gibt einen Dolmetscher. Er sagt mir, dass das, was ich getan habe, schwerwiegend ist und dass die Geldstrafe 200 Dollar pro Tag beträgt. Ich protestiere ruhig und verweise noch einmal das Dokument, auf dem 10 Tage eingetragen sind. Ich sage auch, dass das oben genannte Papier nur auf Turkmenisch und Russisch abgefasst ist und dass am Zoll niemand Englisch sprach. Meine Argumentation scheint zu funktionieren und ich spüre, dass sie verärgert sind. Am Ende erklärt mir der Dolmetscher, dass ich eine Ausreisegenehmigung bekommen kann, ohne die Geldstrafe zu bezahlen: Dazu sei ein Brief nötig, in dem die Situation erklärt wird und die Behörden um eine Begnadigung gebeten werden. In diesem Fall ist es mir jedoch verboten, in Turkmenistan zu bleiben. Ich akzeptiere ohne Widerrede. 

    Sobald das erledigt ist, gehe ich zurück zum Schalter, wo die Visa ausgestellt werden. Der Mann fragt mich, wie lange ich bleiben möchte. Ich versuche, nicht zu lachen, und sage ihm, dass weitere drei Tage ausreichen. Am Ausgang salutiert die Wache, die mich langsam kennt, mit militärischem Gruß und einem breiten Lächeln. 

     

    Am nächsten Tag komme ich wieder zum Zoll, aber diesmal ohne Probleme. Vor mir ein paar Kilometer Niemandsland und dann der iranische Zoll. Ich befürchte, dass mich dort ein weiteres, ebenso heikles Problem erwartet. Seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, dass die iranischen Behörden sich weigern, Motorräder über 250 ccm ins Land zu lassen... 

    Erforderliche Ausrüstung

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    Adventure-Helm

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    Jacke aus Gore-Tex®

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    Hose aus Gore-Tex®

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    Wasserdichte Stiefel

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