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    Eine zehntägige Fahrt durch die Naturschönheiten im Norden Großbritanniens

    Von Alberto Scotti | 19 September 2022 | 1 min
    Motorrad: KTM 990 Adventure `12
    Kilometer: 4100 km
    Schwierigkeit: durchschnittlich, je nachdem, ob man im Gelände unterwegs sein möchte und je nach Wetter
    Dauer: 11 Tage
    Jahreszeit: April-Mai
    Wetter: wechselhaft
    Temperaturen: 10°C - +25°C
    Erforderliche Ausrüstung: Jacke und Hose aus GORE-TEX mit eventuellem zusätzlichem Regenschutz, GPS-Navigationsgerät mit detaillierten und aktualisierten Karten.

    Alberto Scotti

    Der Autor

    Ich bin Jahrgang 1990 und habe die Welt der Motorräder schon immer geliebt. Schon mit 12 habe ich Zeitschriften und Broschüren auf der Suche nach dem Motorrad meiner Träume durchgeblättert. Ab dem Zeitpunkt, als ich meine erste „richtige“ Maschine – eine Aprilia Tuono 50 – mein Eigen nannte, hatte ich immer mindestens ein Motorrad in der Garage stehen. Seit meinem allerersten Abenteuer – der kompletten Umrundung des Comer Sees – sind Motorradreisen ein wichtiger Teil meines Lebens: eine Möglichkeit, die Welt und sich selbst kennenzulernen und zu erkunden, zu leben und zu erleben. 

    Nach einer Woche, die wir zwischen Italien, der Schweiz, Frankreich und Irland verbracht haben, sind meine KTM und ich am Hafen von Larne, Nordirland, angekommen. Wir warten darauf, unsere erste Fähre des Tages zu besteigen, die in Kürze ablegen wird. Auf der anderen Seite des Meeres wartet Schottland. Es ist ein Moment zum Durchatmen, denn ab dem Anlegen in Cairnryan ist bereits alles durchgeplant. Sobald ich von Bord gehe, muss ich, ohne anzuhalten, Kennacraig erreichen, um die zweite Fähre zur Insel Islay zu besteigen, wo ich die Nacht verbringen werde. Das sind etwa viereinhalb Stunden Fahrt. Die nächste Fähre konnte ich nicht im Voraus buchen – selbst für ein Motorrad war kein Platz mehr – und nun ist der Zeitplan etwas eng, auch in Anbetracht der Tatsache, dass ich Glasgow passieren muss und daher mit etwas Verkehr auf der Straße zu rechnen habe.  

    Ich befinde mich mitten auf einer Rundreise mit Start und Ziel in Bozen, der Stadt, in der ich wohne. Auf dem ersten Teil der Reise habe ich Europa durchquert, um von Cherbourg (Frankreich) aus mit dem Schiff nach Irland zu gelangen. Von Rosslare aus machte ich mich auf den Weg zum berüchtigten Wild Atlantic Way, einer spektakulären Route, die an der Westküste der Insel entlangführt und, wie der Name schon sagt, am Atlantik liegt. Und jetzt bin ich hier, in Schottland, und starte den zweiten Teil meiner Reise. 

    Sobald ich von Bord gehe, beginnt also meine „Rallye“ von etwa 300 km, auf der ich nur einmal anhalte, um zu tanken und eine Toilettenpause einzulegen. Mir fällt jedoch sofort auf, dass sich Schottland entgegen den Behauptungen der Dame aus dem nordirischen B&B stark von Irland unterscheidet: Ihrer Ansicht nach sind die beiden Länder gleich, der einzige Unterschied ist, dass die Iren höflicher und freundlicher sind! 

    Dieser Teil im Westen wird von den berühmten „Lochs“ – im Grunde genommen Fjorde – dominiert, die mich sehr an Norwegen oder Nordwest-Island erinnern, wenn auch in kleinerer Dimension. Die Straßen sind ein stetiges Auf und Ab mit vielen angenehmen Passagen (besonders zu erwähnen sind der Abschnitt von Garelochhead nach Arrochar, das Städtchen Inveraray und die Argyll Coastal Route, die ich zum Teil heute, zum Teil morgen und übermorgen fahre), aber man sollte stets mit etwas Augenmaß fahren: Einige der Bodenwellen sind sehr tief, sodass es gar nicht so selten vorkommt, dass jemand aus der Gegenrichtung ein wenig die Orientierung verliert und auf die Gegenfahrbahn gerät, vor allem in einer leichten Kurve. Also vorsichtig sein.   

    „Klassisches“ Foto vor der Destillerie „Laphroaig“: Danke an die Jungs, die mich das Motorrad dort abstellen ließen. 
    „Klassisches“ Foto vor der Destillerie „Laphroaig“: Danke an die Jungs, die mich das Motorrad dort abstellen ließen. 

    Die Insel Islay, das erste Reiseziel in Schottland 

    Ich schaffe es bis zu meiner Anlegestelle und nutze die paar Stunden Überfahrt nach Islay, um mich ein wenig zu entspannen. Vielleicht übertreibe ich es damit auch ein bisschen, wenn man bedenkt, mit welch überbordender Energie (und Unvorsichtigkeit) ich mich gleich nach dem Aussteigen in einen Offroad-Parcours stürze, der anfangs harmlos scheint, sich dann aber in ein Schlamminferno verwandelt. Ich verfluche mich tausendmal dafür, dass ich mich in eine solche Situation gebracht habe, nachdem ich gerade erst auf einer Insel gelandet bin, mit einem beladenen Motorrad und sehr begrenzten Kenntnissen der Gegend. Mit etwas Geduld und dem Einschalten meines Verstandes – zumindest jetzt – komme ich ohne weitere Probleme für mich oder das Motorrad aus der Sache raus. Ein Seufzer der Erleichterung und es kann weitergehen!  

    Da ich eine frühere Fähre erwischt habe, als geplant, habe ich mehr Zeit, Islay zu erkunden, bevor ich zur Herberge fahre: Die Insel ist berühmt für ihre zahlreichen ausgezeichneten Whisky-Brennereien. Heute leben etwa 3.000 Einwohner auf der kleinen Insel und es sind 9 Brennereien (von insgesamt 130 in Schottland) in Betrieb. Man kann sich ausrechnen, was die Whisky-Produktion für dieses kleine, von Torfmooren dominierte Stück Land bedeutet.  

    Für morgen habe ich bereits einen Besuch in der Laphroaig-Destillerie gebucht, aber ich nutze die Tatsache, dass heute Sonntag (mittlerweile Abend) ist, um mich ein wenig umzusehen. Und es lohnt sich: Ich frage zwei Arbeiter, ob ich das Motorrad in einen Bereich schieben kann, der normalerweise für die Durchfahrt/Besucher gesperrt ist, um ein schönes Erinnerungsfoto von diesem Moment zu machen. Die beiden schauen auf das Nummernschild, schauen sich gegenseitig an und geben mir lächelnd grünes Licht.  

    Während ich ein paar Fotos schieße, steigt mir der Duft des Malzes der Brennerei in die Nase, ein paar träge Wellen erreichen die Küste (die Brennerei liegt direkt am Meer), die Sonne färbt sich dunkelrot. Ich genieße noch ein paar Augenblicke die geschäftige Stille der Brennerei und breche dann in Richtung Herberge auf. Morgen früh werde ich auf jeden Fall wieder hier sein.  

    Da ich mir gestern mehrere Umwege gegönnt habe, ohne tanken zu können (es gibt keine automatischen Tankstellen auf der Insel, und gestern war zudem alles geschlossen, weil Sonntag war), habe ich so gut wie kein Benzin mehr. Nach einer kleinen Panne an einer Tankstelle, bei der die Zapfsäule ausgefallen zu sein scheint, schaffe ich es glücklicherweise, zu tanken und fahre erneut zur Laphroaig-Brennerei. Wer sich für die Welt der Spirituosen interessiert, sollte sich die Führung keinesfalls entgehen lassen. Es warten viele interessante Informationen und die Gewissheit, dass man einen wahrhaft kultigen Ort besucht.  

     

    Da ich gestern früher als erwartet auf Islay angekommen bin, gibt es für mich nicht mehr viel zu sehen: Landschaftlich hat die Insel nicht viel zu bieten, obwohl einige Meerblicke und Buchten wirklich bezaubernd sind. Wer sich nicht für die Welt des Whiskys interessiert, kann diesen Ausflug auch auslassen. Auf jeden Fall bin ich mit meinem Besuch hier zufrieden und schaffe es durch einen glücklichen Zufall, eine frühere Fähre zurück zum „Festland“ zu erwischen: So kann ich in aller Ruhe meine Fahrt entlang der Argyll Coastal Route nach Oban fortsetzen, wo ich eine Herberge gebucht habe.  

    Eine gute Wahl, denn die Straße nach Oban ist unerwartet kurvenreich – für hiesige Verhältnisse – und macht viel Spaß, ich genieße sie in vollen Zügen. Kurz vor Oban kriege ich ein paar Wassertropfen ab. Genug, um das Motorrad nach dem gestrigen Schlammbad weiter zu verschmutzen.  

      

    Die besten Fish and Chips der Welt  

    Oban ist wirklich eine wunderschöne Stadt, die man nicht verpassen sollte, wenn man auf der Durchreise ist. Aushängeschild der Stadt ist der McCaig’s Tower, der einem antiken römischen Amphitheater nachempfunden ist, und ihr wunderschöner Hafen, ein Tor zu den Hebrideninseln. Nicht zuletzt wird die Stadt von Feinschmeckern wie mir als „Seafood Capital of Scotland“, also als schottische Hauptstadt der Meeresfrüchte, bezeichnet: Nach einer kurzen Dusche mache ich mich auf den Weg ins Hafengebiet zu The Fishbox, wo ich die mit Abstand besten Fish & Chips meines Lebens esse. Ein wahres Festmahl.  

    Glücklich und mit vollem Bauch kehre ich in die Herberge zurück und höre, wie meine Zimmergenossen sich über die Isle of Skye unterhalten, wo sie heute waren. Da ich morgen dort hinfahren werde, möchte ich mir die Überraschung aber nicht verderben lassen… ich stecke mir also meine Ohrstöpsel in die Ohren, und gute Nacht.    

    Wieder einmal nutze ich meine angeborenen Ninja-Qualitäten, um das Herbergszimmer zu verlassen, ohne die anderen Gäste zu wecken, und mache mich auf den Weg.  

    Für den heutigen Tag sind etwa 400 km geplant, und nach zwei Stunden habe ich bereits 160 km zurückgelegt, die ich als eine Art Transfer auf mich genommen habe, um die Isle of Skye in einem gemächlichen Tempo in ihrer ganzen Länge und Breite erkunden zu können. Sollten Sie die Tour anders organisieren, wäre das naturkundlich bemerkenswerte Gebiet von Glencoe sicherlich eine nähere Betrachtung wert. Die „fjordähnlichen“ Landschaften, die man von Oban bis hierher vorfindet, ändern sich schlagartig, wenn man auf die A87 fährt: Es tauchen höhere Berge auf, mit schneebedeckten Gipfeln, die Täler werden schmaler; bis ich schließlich voller Erwartung die Brücke zur Insel überquere. Das ist der Ort, an dem Szenen aus Filmen wie Star Wars, Prometheus und vielen weiteren gedreht wurden.  

    Ich beginne meine Erkundung auf der Halbinsel im Südosten und kann mit Sicherheit sagen, dass das ein Gebiet ist, das man ohne weiteres auslassen kann: Viele Kilometer, die wenig zu bieten haben, interessant ist die kleine Straße auf der Westseite von Achnacloich nach Ord, von wo aus man einen Blick auf die „hohen“ Berge im Norden der Insel erhaschen kann. Im Nachhinein betrachtet, würde ich es aber vermeiden, hier Zeit und Kilometer zu verschwenden.  

    Die wunderschöne Bucht auf der Isle of Skye, an der Stenscholl liegt.
    Die wunderschöne Bucht auf der Isle of Skye, an der Stenscholl liegt.
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    So kehre ich enttäuscht auf die Hauptstraße (A87) in Richtung Norden zurück und finde endlich etwas von dem, was ich erwartet hatte: Die „Ringstraße“ nördlich von Portree, die anschließend durch Duntulm und Ulg führt, bietet Landschaften, die man nicht verpassen sollte: Berge, die, wenn auch in viel kleinerer Ausführung, an die imposanten Dolomiten meiner Heimat erinnern, steile Klippen, die hoch über dem Meer emporragen (Bornisketaig), Cottages inmitten einer sattgrünen Landschaft, umrahmt vom Blau einer wunderschönen Bucht (Stenscholl). Als ob das nicht genug wäre, kann man dieses Gebiet auf ein paar Offroad-Strecken erkunden, die eine regelrechte Postkartenlandschaft zu bieten haben. Es stellt sich zwar nicht der „Wow“-Effekt ein, den mir Achill Island vermittelt hatte, aber dennoch bin ich sehr beeindruckt.  

    Morgen werde ich den westlichsten Teil der Insel besuchen, also vom äußersten Norden der Insel wieder in Richtung Süden fahren, allerdings über Nebenstraßen. Ich finde die Landschaften nicht so schön wie auf der nördlichen Ringstraße, sodass ich mich mehr darauf konzentriere, die Straße und die Fahrt zu genießen. Ich komme in der bergigen Gegend von Glenbrittle an, wo meine Herberge liegt. Irgendwie sieht die Landschaft fast so imposant aus wie auf der Ringstraße nördlich von Portree, aber eben nur fast. Fans von „instagramtauglichen“ Orten sollten sich die berühmten „Fairy Pools“ in dieser Gegend nicht entgehen lassen; ich habe sie hingegen lieber ausgelassen, um absolut vergleichbare geologische Formationen in unmittelbarer Nähe zu besichtigen, die aber nicht von Horden von Touristen überrannt waren.  

     

    Besondere Begegnungen in Schottland 

    Ich komme mit einem bittersüßen Gefühl in der Herberge an: Zwar habe ich sicherlich ein paar besondere und einzigartige Sehenswürdigkeiten gesehen, aber insgesamt hat mich die Insel (obwohl ich am Ende des Tages über 520 km statt der ursprünglich geplanten 400 km zurückgelegt habe) nicht mit der atemberaubenden Schönheit geblendet, die ich erwartet hätte. Mit einer Deutschen, die mit dem Fahrrad durch Schottland reist, spreche ich darüber und über andere Dinge: Die Herberge hat kein WLAN und es gibt auch keinen Handyempfang. Einen Abend lang – wohl deshalb paradox, weil ich nicht weit vom meistfotografierten Ort der Insel entfernt bin – ist kein Platz für soziale Netzwerke und virtuelle Worte, sondern nur für neue Begegnungen, echte Gespräche und Erzählungen von Reisen, Erfahrungen und dem Leben, von Angesicht zu Angesicht.  

    Ich auf meinem Motorrad, sie auf ihrem Fahrrad, verlassen wir gemeinsam die Herberge. Unser Ziel ist das gleiche, mit dem feinen Unterschied, dass es für sie das Tagesziel ist, für mich dagegen ein Ort, den ich in den ersten paar Stunden Fahrt erreichen muss: der Leuchtturm von Neist Point im äußersten Nordwesten der Insel. Die Klippe, auf der er steht, ist bei Tageslicht betrachtet, wirklich beeindruckend: Ich denke, dass er mit der untergehenden Sonne im Westen, die ihn von der „richtigen“ Seite beleuchtet, sicherlich noch beeindruckender wäre.  

    Von hier aus fahre ich, nachdem ich die letzten Gebiete im Norden besucht habe, in Richtung Bracadale, von wo aus ich den „Bergpass“ nehme, der mich über die A87 zurück nach Portree bringt. Und ganz oben auf dem Pass… Überraschung! Drei militärische Kampfjets fliegen mit beeindruckender Geschwindigkeit und ohrenbetäubendem Lärm über mich hinweg. Ich stelle das Motorrad mitten auf der Straße ab und versuche, mit meinem Smartphone ein paar Fotos zu schießen, als ich bemerke, dass sie sich auf einen zweiten Durchgang vorbereiten: Wow, was für ein Adrenalinschub!  

     

    Noch immer begeistert von der unerwarteten Begegnung folge ich der A87 nach Süden, denn bald werde ich die Isle of Skye verlassen, und dann beginnt für mich die berühmte NC500 (North Coast 500): die 516 Meilen lange landschaftlich reizvolle Route, die die gesamte Küstenlinie der schottischen Highlands miteinander verbindet und sicherlich eines der Hauptziele dieser Reise ist.  

    Ich beginne meine Fahrt auf der NC500 am Loch Carron und wähle die Route im Uhrzeigersinn. Und schon präsentiert sich die Landschaft wie auf einer Postkarte: Ich nehme den „Pass of the Cattle“ nach Applecross in Angriff und halte kurz vor dem Gipfel an, um ein paar Pflichtfotos zu schießen. Während ich mich so umblicke, denke ich, dass das, was ich sehe, definitiv so ist, wie ich mir Schottland vorgestellt habe!  

    Direkt nach dem Pass in Richtung Applecross Bay – mit beeindruckender Aussicht von oben – nähere ich mich wieder dem Meer und… es folgt die zweite „militärische“ Überraschung des Tages: Ein paar hundert Meter von mir entfernt fährt ein U-Boot! Noch nie zuvor habe ich ein U-Boot auf dem offenen Meer gesehen. Wir fahren bis zu einer Landzunge ein paar Dutzend Kilometer weiter nördlich nebeneinander her, wobei ich ab und zu anhalte, um ein paar Fotos zu machen, denn ich bin eindeutig schneller. Als ich an der Landzunge ankomme, treffe ich einen Mann, der mir erzählt, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Militärbasis befindet und er dort arbeitet: Es kommt zwar nicht so oft vor, ist aber auch keine absolute Seltenheit, dass U-Boote in diesen Gewässern unterwegs sind. Die vielen Menschen, die stehen bleiben, um Fotos zu machen und das U-Boot zu „begrüßen“, bevor es hinter dem Horizont verschwindet, lassen mich jedenfalls vermuten, dass das auch für die Einheimischen kein alltägliches Ereignis ist.  

    Von hier an geht es ohne besondere Vorkommnisse weiter bis zu meinem Tagesziel in Gairloch. Die Sonne scheint, es weht nur wenig Wind und das Meer ist sehr ruhig: Ich habe fast das Gefühl, nicht am Meer zu sein. Als ich in der Herberge ankomme, plaudere ich ein bisschen mit dem Inhaber, dem ich auch von meinen „militärischen“ Begegnungen erzähle und meine Überraschung zeige. Er meint, das wäre noch gar nichts, denn am nächsten Tag würde ich auf meiner Fahrt in Richtung Norden am Militärstützpunkt Cape Wrath im äußersten Nordwesten Schottlands vorbeikommen, dem einzigen Gebiet in der nördlichen Hemisphäre, in dem gemeinsame Übungen mit den Land-, See- und Luftstreitkräften der NATO durchgeführt werden. Wenn ich Glück habe, so seine Worte, würde ich Zeuge eines ganz besonderen Spektakels. Das würde ich dann schon sehen, denn manchmal werden sogar die Straßen vorübergehend gesperrt. Ich gehe ins Bett und bin angesichts des heutigen Tages ein wenig hoffnungsvoll.  

     

    Die nördliche Küste der Highlands 

    Der heutige Tag wird mich von der Westküste der Highlands bis zur Nordküste führen und knapp 300 km umfassen. Wahrscheinlich also eher ein kurzer Tag.  

    Die frische Morgenluft macht mich auf den ersten Kilometern so richtig wach. Sie sind nicht gerade aufregend, bis ich die Corrieshalloch-Schlucht, eines von nicht vielen nationalen Naturschutzgebieten erreiche. Absolut empfehlenswert, denn der kurze Spaziergang, der zu wirklich beeindruckenden Aussichten führt, ist auch mit dem Motorrad gut machbar, was ein nicht unerheblicher Vorteil ist. Es gibt zwei Orte, die man erreichen kann: eine Plattform, von der aus man einen sehr guten Blick auf den Wildbach hat, der durch die Schlucht fließt, und eine Hängebrücke mit, wie ich finde, gefährlich niedrigem Geländer… nichts für Leute mit Höhenangst.  

    Kleiner Offroad-Abstecher am frühen Morgen: Hin und wieder muss man zum Frühstück raus ins Gelände. 
    Kleiner Offroad-Abstecher am frühen Morgen: Hin und wieder muss man zum Frühstück raus ins Gelände. 

    Ich steige wieder auf mein Motorrad und beschließe, angesichts meines zeitlichen Vorsprungs, ein paar Umwege abseits der Hauptstraße zu machen. So lande ich in der wirklich außergewöhnlichen Achnahaird Bay, sicherlich einer der schönsten Orte, die ich gesehen habe, seit ich hier in Schottland bin: Schon der Weg dorthin ist ein einziges gelbes Blumenmeer, das mich kilometerweit begleitet, und die Farbe der Bucht kann ohne weiteres mit dem Meer in Sardinien mithalten! Kaum zu glauben – ich reibe mir ein paar Mal die Augen, um sicher zu sein, dass ich richtig sehe – aber wahr: Man muss nur das Glück haben, dass die Sonne scheint, ansonsten werden die smaragdgrünen Farbtöne unweigerlich aschgrau. Ich nutze die Gunst der Stunde, um auch einen kleinen Snack zu mir zu nehmen: ein paar Cheddar-Kekse – mit einem ausgesprochen fragwürdigen Geschmack –, die ich am Vortag etwas unüberlegt gekauft habe, und eine Banane.  

    Von Ullapool aus wird die Landschaft weiter im Norden gebirgiger und karger, der Wind weht rauer, das Grün weicht den typischen Farben der Moore, die noch nicht ganz aus ihrer Winterstarre erwacht sind. Bevor ich die Westküste endgültig verlasse und in den Norden fahre, habe ich noch Zeit, ein paar Dinge in mein Reisetagebuch einzutragen: Die Abstecher zum Küstenabschnitt zwischen den Stränden von Oldshoremore und Sheigra sind wie ein Ausflug in ein kleines Paradies, vor allem, wenn man das Glück hat (hier hatte ich leider Pech), dass die Sonne auf das farbenfrohe Wasser scheint, das diese kleinen Strände abseits der „klassischen“ Route umspült.  

    Zurück auf der Hauptstraße muss ich nur noch das Cape Wrath umfahren, um die Nordküste zu erreichen. Ich höre keine Aktivitäten aus Richtung Schießplatz, alle Straßen sind normal geöffnet, sodass ich davon ausgehe, dass ich meiner Liste mit „militärischen“ Begegnungen heute wahrscheinlich nichts hinzufügen werde. Das ist nicht weiter schlimm, auch weil ich langsam ein bisschen müde werde. Sobald ich jedoch die Nordküste erreiche, muss ich einfach anhalten und einen Spaziergang auf der schönen Landzunge von Balnakeil Bay (mit ihrem Strand) machen: Nach so vielen kleinen Buchten endlich eine Bucht, die ich als „irisch“ bezeichnen würde. Für meinen Geschmack sicherlich eine sehr gute Visitenkarte für diese neue Küste. Zurück auf meinem Motorrad beende ich meinen Tag in Tongue und kann es kaum erwarten, morgen aufzubrechen, um diese Gegend zu erkunden, die mir schon heute so anders als der Westen erschienen war.  

    Die paar Eindrücke von gestern bestätigen sich auf den ersten Kilometern sofort: Hier sind die „Lochs“ hohen Klippen gewichen, das Meer wirkt deutlich „ozeanischer“ und wilder, die Strände sind breit und sandig, eingerahmt von Sanddünen auf der einen und kristallklarem Wasser auf der anderen Seite: Strathy Bay oder Melvich Bay sind gute Beispiele dafür.  

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    Die Landschaft ändert sich erneut, als wir uns dem äußersten Nordosten nähern: Es gibt wieder Wiesen und Weiden, und ich fühle mich plötzlich wieder wie in Irland. Dieser Wechsel der Landschaft hat jedoch besondere Gründe: So fällt mir sofort auf, dass die trostlosen Moore von vor einigen Kilometern nun Dörfern, Ortschaften und sogar Städten (Thurso, die nördlichste Stadt des Vereinigten Königreichs, ohne die Inseln) von beträchtlicher Größe weichen. Der Grund dafür liegt in einem alten Militärstützpunkt in der Nähe von Dounreay, der in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurde und jetzt stillgelegt wird. Dort wurden Kernreaktoren sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke (für U-Boote) entwickelt und getestet. Der Stützpunkt wird von einer „Kugel“ dominiert, die schon aus vielen Kilometern Entfernung sichtbar ist, und von zahlreichen anderen Infrastrukturen, die heute ganz anders genutzt werden, als sie eigentlich gedacht waren – ich sehe zum Beispiel eine sehr große Landebahn, die als Parkplatz fungiert. Ich stelle mir vor, wie viele wirtschaftliche Ressourcen und Anreize dieser Stützpunkt in den 1950er Jahren für die örtliche Bevölkerung gebracht haben muss, und beantworte mir (sicherlich teilweise) die Frage, warum ich in nur wenigen Kilometern eine radikale Veränderung der Landschaften, durch die ich fahre, erlebt habe.  

     

    In extremen britischen Breitengraden 

    Ich verlasse diese etwas „unheimliche“ Gegend und setze meine Reise in Richtung Osten fort: Nachdem ich Thurso passiert habe, erreiche ich die Landzunge Dunnet Head, den nördlichsten Punkt des Vereinigten Königreichs (wiederum ohne die Inseln). Abgesehen von der geografischen Bedeutung, die man dem Ort beimessen mag oder auch nicht, ist ein Besuch hier auf jeden Fall einen Abstecher wert: Der Leuchtturm scheint die Inselgruppe der Orkney-Inseln zu beobachten, die sich direkt im Norden befindet. Unter ihm tost der Ozean, die Wellen schlagen an hohe dunkle Klippen, wo zahlreiche Seevögel, darunter die wunderschönen Papageientaucher, die ich bewundern konnte, ihre Nester bauen. Eine wahre Postkartenansicht! Dazu gesellt sich mit diesem Leuchtturm ein interessanter Farbklecks. Er wurde (wie viele andere in dieser Gegend) im beginnenden 19. Jahrhundert vom Großvater des berühmten Robert Louis Stevenson entworfen. Den „klassischen“ Autor habe ich während meiner Schulzeit wegen der verrückten Abenteuer, die er mich durch seine Feder erleben ließ, sehr gerne gelesen (er ist der Schöpfer von Meisterwerken wie „Die Schatzinsel“, „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ und „Der schwarze Pfeil“, um nur einige zu nennen): Kurz gesagt, was für ein Crossover!  

    Während ich über die unglaublichen Zufälle des Lebens nachdenke, komme ich nach John o' Groats, eine Stadt im äußersten Nordosten der britischen Insel. Mir wird sofort klar, wie unergründlich dieser Ort ist: Er entpuppt sich als eher misslungener Mittelweg zwischen Touristenfalle (natürlich darf das typische Schild nicht fehlen, das die Entfernungen zu anderen Orten im Vereinigten Königreich und in der ganzen Welt anzeigt) und Fünf-Sterne-Ferienort mit Super-Luxus-Unterkünften: Kurzum: ein vermeidbarer Stopp.  

    Schnell steige ich wieder auf mein Motorrad und fahre in die äußerste nordöstliche Ecke Schottlands, nach Duncansby Head. Ein Ort, der mich in gewisser Weise an das kürzlich besuchte Dunnet Head erinnert, allerdings mit einigen interessanten Besonderheiten: Zunächst einmal gibt es hier aufgrund der Lage und des „Zusammenstoßes“ der Strömungen, die hier entstehen, sehr oft eine deutlich sichtbare Strömung, die mit einer Geschwindigkeit von etwa 10 Knoten nach Norden weist: Beeindruckend – es sieht aus wie ein Fluss, der in den Ozean mündet. Stellen Sie sich vor, wie es gewesen sein muss, dieses Kap stromaufwärts mit nicht motorisierten Booten zu überqueren. Außerdem kann man von diesem Kap aus in Richtung Süden die „Duncansby Stacks“ bewundern, natürliche Felsnadeln, die nur wenige Meter von der Küste entfernt „gepflanzt“ wurden und von absolut bemerkenswerter Dramatik und Schönheit sind. Ich gehe zum Motorrad, noch immer überwältigt von dieser Landschaft, als mich eine Frau wie aus heiterem Himmel darauf aufmerksam macht, dass Orcas aus dem Süden kommen: Sie werden voraussichtlich in den nächsten 15-20 Minuten hier vorbeikommen, wenn ich sie also sehen möchte, solle ich besser hierbleiben. Die Natürlichkeit und Offenheit, mit der sie mir das erzählt, lassen mich für einen Moment perplex, aber ich beschließe zu bleiben. In der Zwischenzeit treffen immer wieder Autokolonnen auf der Landzunge ein, und bestens ausgerüstete Fotografen eilen zum Rand der Klippen der Landzunge. Daraus schließe ich, dass in der Tat etwas Wichtiges passieren wird.  

     

    Ich vertreibe mir die Zeit, indem ich mit den Leuten plaudere und sie nach Informationen frage, und schließlich taucht eine Gruppe von 4-5 Orcas auf, die in Richtung Norden schwimmen, ihr Wasserschwall und ihre Flossen stets deutlich sichtbar. Sie fügen sich in die bereits erwähnte Strömung in Richtung der Orkney-Inseln ein: Was soll ich sagen, noch eine Premiere. Noch nie zuvor hatte ich Orcas in ihrer natürlichen Umgebung und aus relativ kurzer Entfernung gesehen: ein Naturschauspiel, das mag vielleicht banal klingen, beschreibt aber wortwörtlich, was ich vor Augen habe.  

    Ich steige wieder auf mein Motorrad, immer noch ungläubig, und beginne meine Fahrt nach Süden in Richtung Helmsdale. Die Küste geht weiter, wunderschön, und ich denke, dass diese Landschaften viel interessanter sind als die, die ich im Westen gesehen habe. So spule ich den heutigen Tag gedanklich zurück: Ich bin jetzt seit fast zwei Wochen unterwegs, aber bisher gab es viele Gelegenheiten, mich selbst zu überraschen. Und wer weiß, was in den nächsten Tagen auf mich zukommt. Das ist das Schöne an einer Reise.   

      

    Die Fahrt in den Süden beginnt 

    Der Tag beginnt ein wenig wehmütig, wenn ich an meinen letzten Tag auf der NC500 denke: Heute werde ich nämlich in Edinburgh ankommen, einer Stadt, auf deren Erkundung ich sehr gespannt bin, die aber unweigerlich auf das Ende dieser Reise hindeutet.  

    Die Landschaften südlich von Helmsdale heitern mich glücklicherweise sofort wieder auf: Wieder begleiten mich riesige Strände, so weit das Auge reicht, auf meinem Weg in Richtung Süden. Wenn ich mich für einen entscheiden müsste, würde ich sagen, dass der Strand von Embo definitiv zu den beeindruckendsten gehört.  

    Ab hier verlässt die Straße die Küste ins Landesinnere und hat nichts Besonderes zu bieten. Diese Umleitung der Straße weg vom Meer inspiriert mich jedoch, ein wenig von meiner ursprünglichen Route abzuweichen, um am berühmten „Loch Ness“ und den so genannten „Schneestraßen“ des Cairngorms National Park vorbeizufahren. Was soll ich zu Loch Ness sagen: Sicherlich kein außergewöhnlicher Ort, aber kann man von sich behaupten, dass man in Schottland war, ohne zumindest einen kurzen Abstecher dorthin gemacht zu haben? Ich muss jedoch zugeben, auch wenn es vielleicht ein bisschen am trüben Wetter liegt, das den See grau färbt: Eine gewisse Aura des Geheimnisvollen bleibt. Ich mache eine Pause am Ufer des „Lochs“ und nutze die Gelegenheit für einen Vormittagssnack und um meine Jacke mit einer Daunenschicht auszustatten: Aufgrund der sehr hohen Luftfeuchtigkeit in diesen Gebieten im Landesinneren fühlen sich die 10 °C Umgebungstemperatur deutlich kälter an.  

    Gut gekleidet und auf alles gefasst – vielleicht gibt es ja Regen – mache ich mich auf den Weg zum Cairngorms National Park. Ich komme gleich auf den Punkt: Die schönsten schottischen Landschaften konnte ich hier bewundern. Nicht nur die Straßen machen Spaß, sondern auch bestimmte Ausblicke sind etwas ganz Besonderes: Der Abschnitt von Ballater nach Spittal of Glenshee ist von seltener Schönheit und erinnert mich aus der Ferne an die atemberaubenden Landschaften auf dem Gipfel des Albulapasses in der Schweiz. Unter meinem Helm, hinter jeder Kurve, rufe ich immer wieder: „Wow!“  

    Schwertwale, von Duncansby Head aus gesehen. 
    Schwertwale, von Duncansby Head aus gesehen. 

    Und dann endet leider auch der Nationalpark: Ich fahre weiter in Richtung Perth, ohne dass mich irgendetwas besonders beeindruckt, so dass ich mich sogar entschließe, von hier aus die Autobahn zu nehmen, die mich direkt nach Edinburgh führen wird. Da ich etwas früher als geplant ankomme, habe ich mehr Zeit, die Stadt zu erkunden. Als ich in der Herberge ankomme, lässt mich der Besitzer, ebenfalls ein Motorradfahrer, mein Motorrad praktisch im Gebäude parken, aus Sorge vor einem möglichen Diebstahl. Ich würde ihm gerne erklären, dass die Situation wohl kaum schlimmer sein kann als in einigen italienischen Städten, in denen ich schon war, aber ich befolge seine Ratschläge/Anweisungen ohne zu fragen.  

    Ich dusche, kleide mich „in Zivil“ und mache mich in Windeseile auf den Weg, das schöne Edinburgh zu erkunden: Ich laufe mehr als 10 km, gönne mir ein gutes Abendessen und ein paar Stunden weniger Schlaf und nutze diesen letzten Abend, den ich in Schottland verbringen werde. Morgen werde ich nämlich nach einem kurzen Transfer in Newcastle auf die Fähre warten, die mich – sozusagen – zurück nach Europa bringt. Heißt übersetzt: Reise fast zu Ende.  

    Ich wache etwas früher als erwartet auf und surfe auf Google Maps auf der Suche nach etwas, das ich auf dem Weg nach Newcastle unternehmen oder besichtigen könnte: Ich entdecke, dass ich direkt neben dem „National Museum of Flight“ vorbeikomme und dort überraschenderweise eine Concorde steht!  

    Mehr brauche ich nicht: Ich ziehe mich eilig an, belade das Motorrad und fahre los, Richtung East Fortune Airfield. In der Aufregung über diesen zufälligen, ungeplanten Besuch stelle ich fest, dass ich nicht auf die Öffnungszeiten geachtet habe: So komme ich 45 Minuten vor Öffnung vor den Toren des Museums an. Ich nutze die Gelegenheit, um eine Mini-Inspektion des Motorrads vorzunehmen – ich kontrolliere Motoröl und Kette – und ein wenig auf dem Flugplatz herumzulaufen. Als der Ticketverkäufer eintrifft und sich wundert, dass ich vor dem Tor stehe wie ein Fan bei der Eröffnung eines Konzerts, kaufe ich mein Ticket und eile zum Concorde-Hangar.  

    10 Minuten lang sind wir, mit Ausnahme des Museumswärters, allein: ich und diese unglaubliche Maschine. Noch heute echt abgefahren, in der unmittelbaren Nachkriegszeit ein Wunder. Eine metallische Kreatur, bei der jede Niete, jeder Knopf, jede Oberfläche nach einem wahr gewordenen Traum schreit, ein Ausdruck des Genies und der Vorstellungskraft der Menschheit. Die Verwirklichung des Unmöglichen. Obwohl das Museum noch ein paar andere schöne Exponate besitzt (z. B. eine Avro 698 Vulcan, die am Falklandkrieg teilgenommen hat), ist die unwiderstehliche Faszination der Concorde nicht zu übertreffen.  

    Ich beende meinen Besuch in allen Hangars und mache mich wieder auf den Weg: Von hier an habe ich keine Umwege mehr geplant, sondern fahre direkt nach Newcastle, zur Anlegestelle der Fähre. Ich wiege mich im Takt der Straße bis zur schottisch-englischen Grenze und beschließe, von hier aus auf die Autobahn zu wechseln. So bin ich in kurzer Zeit an der Anlegestelle. An Bord angekommen, klettere ich wie üblich auf das oberste Deck, um das Lösen der Verankerungen zu beobachten: Es ist an der Zeit, Großbritannien Lebewohl zu sagen, denn ab morgen werde ich näher an der Heimat sein, und vor allem wird kein Meer mehr zwischen mir und meiner Heimkehr liegen. Morgen werde ich in Amsterdam ankommen und mir drei Tage Auszeit vom Motorrad nehmen, um ein bisschen Sightseeing zu machen. Die Motorradtour ist so gut wie zu Ende, aber der Urlaub ist noch nicht vorbei.  

     

    Amsterdam und die Rückreise 

    Nach drei wunderschönen Tagen in einer der bezauberndsten Städte Europas – ich bin fest davon überzeugt, dass Amsterdam bei Sonnenschein sogar zu den schönsten Städten der Welt gehört – mache ich mich auf den Weg. Frühstück in Amsterdam und ein Aperitif in Bozen, das ist das Ziel. Um 7 Uhr morgens fahre ich los und beginne meine eintönige Fahrt in Richtung Süden: Der einzige „Nervenkitzel“, den ich erlebe, ist, dass ich in der Nähe von Düsseldorf von der Polizei angehalten werde. Da sie mich offensichtlich für einen eifrigen Drogenkonsumenten hält, unterzieht sie mich mitten auf einem Parkplatz ein paar Tests, wie z. B. mit geschlossenen Augen auf einem Fuß zu stehen, mit geschlossenen Augen meine Nase zu berühren und auf einer Linie zu gehen. Zumindest nutze ich die Gelegenheit, um mir die Beine zu vertreten.  

    Wieder im Sattel, vergehen die Hunderte von Kilometern, die mich von Italien trennen, wie erwartet: 10 Stunden nach der Abfahrt bin ich zu Hause.  

    Wenn ich an die Erfahrungen der letzten (fast 3) Wochen zurückdenke, beginnt es in meinem Kopf zu rattern: Orte, die enttäuscht haben, solche, die den Erwartungen entsprachen, und solche, die überrascht haben. Die Dankbarkeit dafür, dass ich die Momente erleben durfte, die ich erlebt habe, das Motorrad, das auf über 7000 km (Irland + Schottland) immer tadellos funktioniert hat, das Dankeschön an diejenigen, die mir auch in der Ferne nahe waren, denn am 24. April hatte ich Geburtstag, und bei einigen muss ich mich noch richtig bedanken. Vor allem aber richtet das Gehirn, wie jedes Mal am Ende einer Reise, seinen Blick auf die Karte und stellt die Frage aller Fragen: „Wohin geht es als nächstes?“.  

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    Allgemeine Überlegungen zur Organisation meiner Reise nach Schottland 

    • Um mich zurechtzufinden und zu orientieren, benutze ich auf dieser wie auf allen meinen Reisen ein Garmin-GPS, in das ich a) die zum Zeitpunkt der Abreise möglichst aktuellen topografischen Karten mit Höhenlinien als zusätzliche Schicht lade; (b) die gpx-Tracks der einzelnen Tagesrouten.  
      Topografische Karten liefern sehr detaillierte Informationen über die Umgebung, egal wo man sich befindet. Meine Karten zeigen auch unbefestigte Wege präzise an, und auch, ob der unbefestigte Weg eher eine „Straße“ oder ein „Pfad“ ist: ein unbestreitbarer Vorteil, wenn man in ein neues Gebiet vorstößt. Wenn man dann noch die Höhenlinien übereinander legt, kann man eventuelle Steigungen erkennen, die man auf dem Feldweg überwinden muss. Ohne zu viel zu wagen, da ich immer voll beladen unterwegs war, haben mir einige Abschnitte abseits der Straße ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert.  Die diesem Artikel beigefügten .gpx-Tracks sind die Original-Tracks, die ich während der Reise verwendet habe: Einige Abstecher in meinem Bericht sind nicht angegeben, da sie „improvisiert“ waren. Sie erschließen sich jedoch aus dem Text.  
    • Mit der Vorausplanung der Reiseroute (und der Erstellung der .gpx-Routen, die auf das GPS hochgeladen werden) hatte ich bereits vor der Abreise alle Herbergen gebucht, in denen ich übernachtet habe. Wer die Geschichte gelesen hat, wird sicher bemerkt haben, dass das trotzdem viel Spielraum geboten hat und ich somit auch improvisieren konnte, aber meiner Meinung nach mit erheblichen Vorteilen: 1) Wenn man im Ausland keinen Internettarif hat, wie in meinem Fall, hat man nicht den Stress, am späten Nachmittag einen Schlafplatz suchen zu müssen; 2) Mein Reisezeitraum fiel mit einigen nationalen Feiertagen in Irland und Schottland zusammen: Hätte ich „tageweise“ gebucht, hätte ich mich mit dem begnügen müssen, was noch verfügbar war, und meine Reisepläne je nach gefundener Unterkunft wahrscheinlich radikal ändern müssen. Das gilt auch für die Fähren zu den schottischen Inseln: Sie müssen unbedingt im Voraus gebucht werden; 3) Am Abend gibt es immer jemanden, der weiß, dass man an einem bestimmten Ort ankommen sollte. Wenn man allein reist, kann sich das als positiver Faktor erweisen, falls während der Reise unvorhergesehene Ereignisse auftreten.  

    • Für mein Motorrad habe ich mich kurz vor der Abreise für Halbstollen-Reifen entschieden, die klassischen 80/20. Dadurch konnte ich auf der Autobahn fahren und auch ein paar einfache Offroad-Strecken in Angriff nehmen, wobei ich sogar „Schlammbäder“ wie auf der Insel Islay gut bewältigt habe. Im Nachhinein betrachtet eine gute Entscheidung. Was mich selbst betrifft, so war die Wahl der richtigen Kleidung für eine solche Reise von besonderer Wichtigkeit. Am ersten Tag der Reise, der Durchquerung Europas in Richtung Irland, hatte ich es mit einer Temperatur von 35 °C zu tun, was definitiv ungewöhnlich war: Dennoch fühlte ich mich den ganzen Tag über wohl. Der Schlüssel dafür ist modulare Kleidung, die für diese Art von Reise absolut unerlässlich ist. Aufmerksame Leser haben bestimmt bemerkt, dass praktisch nie von Regen die Rede war. Das liegt daran, dass ich – eher Ausnahme denn Regel – nie Regenwetter erlebt habe, abgesehen von ein paar vereinzelten Tropfen. In diesen Breitengraden ist das schwer vorstellbar: Deshalb hatte ich neben dem Gore-Tex®-Anzug immer einen zusätzlichen Regenanzug dabei, der im Koffer an einer einfach zugänglichen Stelle platziert war. Eine Sache, auf die ich geachtet habe, als ich das Material auf die Koffer rechts und links verteilt habe: Man darf nicht vergessen, dass in Irland und im Vereinigten Königreich Linksverkehr herrscht. Deshalb könnte es von Nutzen sein, Dinge, die schnell griffbereit sein müssen, links zu verstauen.   

    Erforderliche Ausrüstung

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